Angefangen hat es mit einer Rettungsaktion: Vor zweieinhalb Jahren wurde die Tierrettung wegen eines fremdartigen Huftieres auf freier Flur bei Feldkirchen an der Donau angerufen. Das Tier war ein chinesischer Muntjak. Die possierlichen, rehartig anmutenden Tiere sind von der Europäischen Union auf einer Bannliste invasiver Fremdarten geführt (wie zum Beispiel auch Waschbären, Nurias, usw.). Denn vor rund hundert Jahren wurden Muntjaks in England ausgesetzt. Von lediglich einer Handvoll Gründertiere aus hat sich dort eine so große Population aufgebaut, dass die Muntjaks in England bald zu der häufigsten Hirschart gehören und nun auch auf Kontinentaleuropa Fuß zu fassen drohen. Dabei kommt ihnen die Klimaerwärmung zugute. Muntjaks kommen zwar mit kalten Wintern gut zurecht, sie bevorzugen aber mildere Winter.
Der Muntjak nahe Feldkirchen an der Donau wurde also eingefangen und im Tiergarten Wels eingestellt. Bei den Mitarbeitern war Muntjak Frodo bald sehr beliebt. Nachdem die für invasive Arten eigens nötige Haltungsbewilligung eingeholt wurde, bekam Frodo auch eine Partnerin. Allerdings ist Frodo unterdessen verstorben, so dass für Wamika nun der neue Partner Teriyaki aus der Tierwelt Herberstein eingetroffen ist. Die beiden sind im Außengehege bei den afrikanischen Mantelaffen untergebracht. Zoogeografisch entspricht Afrika nicht dem natürlichen Verbreitungsgebiet der chinesischen Muntjaks in Zentral- und Südchina sowie Taiwan. So ist die Art auch im Tiergarten Wels ein bisschen invasiv, aber hinter der Art steht letztlich eine Genealogie von Individuen wie Frodo, Wamika oder Teriyaki - und denen sei es hier gegönnt.
Die chinesischen Muntjaks ähneln in Aussehen und der Lebensweise zwar unserem europäischen Reh, Muntjaks sind allerdings naher mit dem Rothirsch als mit dem Reh verwandt. Das Reh ist etwa um die Hälfte grösser als der chinesische Muntjak. Besonders sind beim Muntjak die hauerartigen Eckzähne im Oberkiefer, die bei den Männchen 6 cm lang werden können. Und während beim Reh nach der Befruchtung im Sommer die embryonale Entwicklung erst nach einer viermonatigen Keimruhe normal voranschreitet, pflanzen sich Muntjaks das ganz Jahr über mit einer siebenmonatigen Tragzeit fort. Sie können sich also auch deshalb bedeutend schneller vermehren.
Text: Dr. Gyula Gajdon
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